Körperliche Aktivität und das Risiko von Typ-2-Diabetes: Ein wissenschaftlicher Überblick
- Christian R.
- 2. Dez. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. März
Einleitung
Typ-2-Diabetes (T2D) ist eine der am weitesten verbreiteten chronischen Erkrankungen weltweit. Laut der International Diabetes Federation (IDF) waren im Jahr 2021 etwa 537 Millionen Erwachsene betroffen, und die Zahl steigt weiter an (IDF, 2021). Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien belegt, dass ein aktiver Lebensstil und regelmäßige körperliche Betätigung das Risiko, an T2D zu erkranken, signifikant senken können. Besonders die systematische Übersicht und Meta-Analyse von Aune et al. (2015) liefert fundierte Erkenntnisse über die dosisabhängige Wirkung von Bewegung auf das Diabetesrisiko. Dieser Fachbeitrag erweitert diese Erkenntnisse durch eine Analyse zusätzlicher wissenschaftlicher Literatur.
1. Die epidemiologische Evidenz: Zusammenhang zwischen Bewegung und Diabetesrisiko
Die Studie von Aune et al. (2015) analysierte Daten aus mehreren Kohortenstudien und zeigte, dass höhere Levels an körperlicher Aktivität mit einem niedrigeren Risiko für T2D verbunden sind. Die Autoren fanden heraus, dass bereits moderate Bewegung das Erkrankungsrisiko senkt und dass der Effekt mit zunehmender Intensität und Dauer der Aktivität weiter steigt.
Ergänzende Studien stützen diese Ergebnisse:
Jeon et al. (2007) fanden in einer Meta-Analyse heraus, dass moderates Gehen (ca. 150 Minuten pro Woche) das Risiko für T2D um etwa 30 % senken kann.
Gill & Cooper (2008) zeigten, dass körperliche Betätigung die Insulinsensitivität verbessert und Entzündungsprozesse reduziert, was wiederum die Entstehung von T2D hemmt.
2. Physiologische Mechanismen: Warum hilft Bewegung gegen Diabetes?
Körperliche Aktivität beeinflusst mehrere metabolische Prozesse, die zur Prävention von T2D beitragen:
2.1. Verbesserung der Insulinsensitivität
Regelmäßige Bewegung erhöht die Glukoseaufnahme der Muskulatur, unabhängig von Insulin, was zu einer verbesserten Blutzuckerkontrolle führt (Colberg et al., 2016). Muskelkontraktionen stimulieren den GLUT-4-Transporter, der Glukose effizienter in die Muskelzellen einschleust.
2.2. Reduktion von Viszeralfett
Viszerales Fettgewebe ist ein bekannter Risikofaktor für T2D, da es entzündungsfördernde Adipokine ausschüttet (Després & Lemieux, 2006). Studien zeigen, dass aerobe Aktivität und Krafttraining helfen, dieses Fett zu reduzieren und so das Diabetesrisiko zu senken (Ross et al., 2015).
2.3. Entzündungshemmende Effekte
Chronische Entzündungen sind ein Schlüsselfaktor bei der Entwicklung von Insulinresistenz. Regelmäßige Bewegung führt zu einer Reduktion entzündlicher Biomarker wie C-reaktives Protein (CRP) und Interleukin-6 (IL-6) (Pedersen & Febbraio, 2008).
3. Dosis-Wirkungs-Beziehung: Wie viel Bewegung ist notwendig?
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2020) sollten Erwachsene mindestens 150 bis 300 Minuten moderate oder 75 bis 150 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche durchführen. Aune et al. (2015) bestätigten, dass bereits 30 Minuten moderate Bewegung pro Tag das T2D-Risiko signifikant senken.
Studien mit verschiedenen Aktivitätsformen zeigen:
Krafttraining kann das Risiko für T2D ebenfalls reduzieren, unabhängig von aerober Aktivität (Grontved & Hu, 2011).
Hochintensives Intervalltraining (HIIT) zeigt ähnliche oder sogar bessere Effekte als moderates Ausdauertraining (Jelleyman et al., 2015).
4. Praktische Implikationen für Prävention und Therapie
Basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen sollten Gesundheitsbehörden, Ärzte und Unternehmen gezielt Bewegungsprogramme zur Prävention von T2D fördern. Effektive Maßnahmen sind:
Bewegungsfreundliche Arbeitsumgebungen (z. B. Stehschreibtische, Firmenfitness)
Präventionskurse und strukturierte Bewegungsprogramme
Aufklärung und Sensibilisierung für die Bedeutung von Bewegung
Fazit
Die wissenschaftliche Evidenz zeigt eindeutig, dass körperliche Aktivität eine entscheidende Rolle bei der Prävention und Kontrolle von Typ-2-Diabetes spielt. Die Ergebnisse von Aune et al. (2015) und weiteren Studien belegen, dass regelmäßige Bewegung das Risiko für T2D signifikant reduziert. Daher ist es essenziell, dass Bewegung in den Alltag integriert und aktiv gefördert wird.
Literaturverzeichnis
Aune, D., Norat, T., Leitzmann, M., Tonstad, S., & Vatten, L. J. (2015). Physical activity and the risk of type 2 diabetes: a systematic review and dose-response meta-analysis. European Journal of Epidemiology, 30(7), 529-542.
Colberg, S. R., Sigal, R. J., Fernhall, B., Regensteiner, J. G., Blissmer, B. J., Rubin, R. R., ... & Braun, B. (2016). Physical activity/exercise and diabetes: A position statement of the American Diabetes Association. Diabetes Care, 39(11), 2065-2079.
Després, J. P., & Lemieux, I. (2006). Abdominal obesity and metabolic syndrome. Nature, 444(7121), 881-887.
Gill, J. M., & Cooper, A. R. (2008). Physical activity and prevention of type 2 diabetes mellitus. Sports Medicine, 38(10), 807-824.
Grontved, A., & Hu, F. B. (2011). Running as the gold standard for health: Better than walking?. The Lancet, 377(9771), 1614-1615.
IDF (2021). IDF Diabetes Atlas, 10th edition. International Diabetes Federation.
Jeon, C. Y., Lokken, R. P., Hu, F. B., & van Dam, R. M. (2007). Physical activity of moderate intensity and risk of type 2 diabetes: a systematic review. Diabetes Care, 30(3), 744-752.
Jelleyman, C., Yates, T., O'Donovan, G., Gray, L. J., King, J. A., Khunti, K., & Davies, M. J. (2015). The effects of high-intensity interval training on glucose regulation and insulin resistance: A meta-analysis. Obesity Reviews, 16(11), 942-961.
Pedersen, B. K., & Febbraio, M. A. (2008). Muscle as an endocrine organ: focus on muscle-derived interleukin-6. Physiological Reviews, 88(4), 1379-1406.
Ross, R., Hudson, R., Stotz, P. J., & Lam, M. (2015). Effects of exercise on abdominal obesity and metabolic risk factors in obese adults: a randomized controlled trial. Annals of Internal Medicine, 162(5), 325-334.
WHO (2020). Guidelines on physical activity and sedentary behaviour. World Health Organization.
